Naturnah ist nicht Laissez-faire
23.10.2025

Naturnah ist nicht Laissez-faire

Ein Garten, der aussieht, als hätte ihn die Natur selbst gestaltet - wild, vielfältig und voller Leben. Das ist der Traum vieler Gartenbesitzer*innen. Doch wer glaubt, man müsse für eine lebendige, vielfältige Fläche „nur die Natur machen lassen", irrt und verkennt nicht nur die Ansprüche der Pflanzenwelt, sondern auch die Rolle fundierter Pflanzenkenntnis. „Ein Garten ist immer eine Kulturlandschaft und es braucht solide landschaftsgärtnerische Kompetenz, um eine langfristig gesunde, artenreiche und vielfältige Anlage zu erzielen", betont Uschi App vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL). „Ein naturnaher Garten entsteht nicht per Zufall, sondern ist das Ergebnis von detaillierter Planung unter Berücksichtigung von Bodentypen, Wuchsdynamiken, Pflanzengesellschaften und Lebensbereichen." Zusammengefasst: Ein naturnaher Garten ist ein ökologisch durchdachtes Projekt und lebt davon, dass die Pflanzen nicht nur nach Aussehen, sondern vor allem nach Funktion, Standort und Entwicklung ausgesucht, kombiniert und in Szene gesetzt werden.

Foto: BGL. - Landschaftsgärtner*innen setzen im naturnahen Garten gezielt auch auf heimische, einfache Arten. Der Blutweiderich (Lythrum salicaria) beispielsweise ist eine ökologisch wertvolle Pflanzen, die vielen Insekten als Hauptnahrungsquelle dient
Foto: BGL. - Landschaftsgärtner*innen setzen im naturnahen Garten gezielt auch auf heimische, einfache Arten. Der Blutweiderich (Lythrum salicaria) beispielsweise ist eine ökologisch wertvolle Pflanzen, die vielen Insekten als Hauptnahrungsquelle dient

Der Standort als Ausgangspunkt

Ein zentrales Prinzip in der Gestaltung eines naturnahen Gartens lautet: standortgerechte Pflanzenauswahl. Die Beschaffenheit des Bodens, Lichtverhältnisse, Feuchtigkeit, Windlagen - all das bestimmt, welche Pflanzen sich vor Ort wohlfühlen und dort langfristig gedeihen. „Unsere Aufgabe als Landschaftsgärtner*innen ist es, den Garten so zu planen, dass er im Einklang mit den bestehenden Standortfaktoren funktioniert - nicht gegen sie", erklärt Uschi App. „Zwar ist es auch möglich, den Boden entsprechend aufzuarbeiten, sodass er sich für die gewünschten Gewächse anbietet. Besser ist es jedoch, und das empfehlen wir unserer Kundschaft auch, mit den natürlichen Gegebenheiten zu arbeiten und die Pflanzenwunschliste entsprechend anzupassen."

In einem trockenen, sandigen Boden etwa finden typische trockenheitsliebende Wildstauden wie Edeldistel (Eryngium planum), Steppensalbei (Salvia nemorosa) oder Fetthenne (Sedum telephium) hervorragende Bedingungen. Statt hier feuchtigkeitsliebende Pflanzen mit regelmäßigen Gießrunden mühsam durchzubringen, sollte die Bepflanzung konsequent auf die eher steppenähnlichen Standortbedingungen abgestimmt werden - das spart Wasser, Pflege, Zeit und Geld und sieht dazu noch eindrucksvoll aus. „Nur wer Pflanzen kennt, kann sie standortgerecht verwenden, und nur wer Standortbedingungen versteht, kann naturnahe Strukturen schaffen, die langfristig stabil, ästhetisch und ökologisch wertvoll sind", hebt Uschi App vom BGL hervor.

Nicht nur schön, sondern auch nahrhaft

Auch der ökologische Wert der Pflanzen sollte beachtet werden - besonders im Hinblick auf ihre Bedeutung für Insekten, Vögel und andere Gartenbewohner. Naturnahe Gärten werden so nicht nur zur Augenweide, sondern auch zur Lebensgrundlage, weil sie Nektar, Pollen, Früchte und Samen bieten. „Viele Pflanzen, die optisch unscheinbar wirken, sind für Wildbienen, Schmetterlinge oder Vögel regelrechte Schatzkammern", erklärt Uschi App. „Ein Garten sollte nicht nur gefallen, sondern auch nähren - und das ganzjährig." Statt steriler Zuchtformen mit gefüllten Blüten setzen Landschaftsgärtner*innen daher gezielt auch auf heimische, einfache Arten: Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), Wilde Malve (Malva sylvestris) oder Blutweiderich (Lythrum salicaria) sind ökologisch wertvolle Pflanzen, die vielen Insekten als Hauptnahrungsquelle dienen. Gehölze wie Kornelkirsche (Cornus mas) oder Weißdorn (Crataegus monogyna) bieten nicht nur im Frühjahr Nahrung für Bestäuber, sondern liefern im Herbst auch Früchte für Vögel.

„Wo gegessen wird, wird auch getrunken: Daher ist es wichtig, im Garten auch Trinkmöglichkeiten für Tiere zu bieten, etwa in Form eines naturnah angelegten Teichs, einer Feuchtstelle oder einer einfachen Wasserschale", weiß Uschi App. Selbst kleine Wasserflächen schaffen wertvolle Lebensräume für Amphibien, Libellen, Wasserkäfer und Co. - ein ökologischer Mehrwert, der die Biodiversität im Garten deutlich steigert. 
Foto: BGL. - Vermeintlich "ungepflegte" Bereiche eines naturnahen Gartens sind oft bewusst so angelegt - zum Beispiel die Zwischenräume in Trockenmauern, in die problemlos trockenheitsliebende Pflanzen gesetzt werden können.
Foto: BGL. - Vermeintlich "ungepflegte" Bereiche eines naturnahen Gartens sind oft bewusst so angelegt - zum Beispiel die Zwischenräume in Trockenmauern, in die problemlos trockenheitsliebende Pflanzen gesetzt werden können.

Pflege gehört auch dazu

Zwar fällt die Pflege eines naturnahen Gartens deutlich geringer aus als bei einer Anlage mit architektonischen Formschnittgehölzen und akkuraten Rasenflächen, doch auch hier ist hin und wieder besondere Aufmerksamkeit angebracht. „Pflege bedeutet dabei nicht Mähen oder Unkrautjäten, sondern vor allem beobachten, eingreifen, lenken", sagt Uschi App. „Naturnahe Gärten entwickeln sich dynamisch. Wer sie begleitet, muss wissen, wann Eingriffe sinnvoll sind und wann man besser einfach mal abwartet." Eine wichtige Eigenschaft im naturnahen Garten ist die Geduld. Stauden sollten beispielsweise über den Winter stehen bleiben, statt sie im Herbst rigoros zurückzuschneiden. Denn in ihren hohlen Stängeln überwintern zahlreiche Insektenarten. Auch vermeintlich „ungepflegte" Bereiche eines naturnahen Gartens sind oft bewusst so angelegt - zum Beispiel Fugen in Pflasterflächen, die nicht akribisch ausgekratzt, sondern gezielt begrünt werden. Gleiches gilt für die Zwischenräume in Trockenmauern, in die problemlos trockenheitsliebende Pflanzen gesetzt werden können.

Ein oft übersehener, aber ökologisch wertvoller Pflegeaspekt ist der Umgang mit Totholz. „Nur weil ein Baum tot ist, ist er nicht gleich nutzlos", sagt Uschi App. „Im Gegenteil: Stehendes Totholz ist einer der artenreichsten Lebensräume im Garten." Selbstverständlich steht die Sicherheit im Vordergrund - lose Äste oder bruchgefährdete Partien sollten entfernt werden. Doch ein stabiler Stamm mit niedrigen Astansätzen darf - wo es möglich ist - stehen bleiben, um Spechten, Wildbienen, Käfern und Pilzen ein Zuhause zu bieten. Der fachgerechte Rückschnitt, das Eindämmen sich stark ausbreitender Gewächse, das gezielte Entfernen von unerwünschten Arten, das Erkennen von entstandenen Lücken, der Rückschnitt der Stauden im Frühjahr: All das gehört auf einem naturnahen Grundstück dazu und unterscheidet es von einer verwilderten Fläche ohne Struktur. 

„Wer langfristig einen schönen, ökologisch wertvollen Garten möchte, sollte sich nicht auf Versuch und Irrtum verlassen, sondern auf fundierte Beratung und fachgerechte Umsetzung durch Landschaftsgärtner*innen," rät Uschi App. Sie lassen aus ersten Ideen reale, nachhaltige Gartenräume entstehen. 
Quelle: Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. / GPP

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